2022-10-05T10:50:11+0000

Kanzlei Voigt : Was sollten Werkstätten derzeit im Schadenrecht berücksichtigen?

Nach dreimonatiger Sommerpause lud die ETL Kanzlei Voigt vergangene Woche (28.09.) zum Automotive Online Forum ein. Wie üblich informierten die Anwälte die diesmal über 450 Teilnehmer in kurzen Vorträgen über verschiedene Aspekte des Verkehrs- und Schadenrechts. ## Gewährleistung, Garantie, Kulanz – Wo liegt der Unterschied? Den Anfang machte Rechtsanwalt Jörg Rüberg, Niederlassungsleiter in Dortmund und Münster. Er betonte, dass häufig Unklarheiten über die trennscharfe Abgrenzung von Gewährleistung, Garantie und Kulanz innerhalb der Branche herrschten. [Vor allem vor dem Hintergrund des seit Jahresanfang geänderten Kaufrechts könnte dies problematisch werden.](https://schaden.news/de/article/link/42692/kanzlei-voigt-kaufrecht-droht-klagewelle-durch-verbrauchenschuetzer) Er stellte deshalb klar: „Die Gewährleistung, sprich die gesetzliche Sachmängelhaftung, ergibt sich in Folge eines Kauf- oder Werkvertrages.“ Die Ansprüche des Kunden seien damit konkret in §434 ff. oder §634 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. „Die gesetzlichen Ansprüche des Kunden müssen Sie als Autohaus oder Werkstatt erfüllen, da gibt es keinen Spielraum.“ Die Garantie, die zunächst einmal freiwillig vom Hersteller oder Verkäufer angeboten wird, sei hingegen ein Versprechen über die Gewährleistung hinaus. „Es steht Ihnen frei, eine Garantie abzugeben. Wenn Sie aber eine Garantie geben, dann ergibt sich daraus auch ein verpflichtender Anspruch für den Kunden.“ Festgehalten wird das im §443 des BGB. Eine Garantie führt, so der Rechtsanwalt, zu einer verschuldensunabhängigen Haftung, die den Garantiegeber gesetzlich dazu verpflichtet, über den gesamten Zeitraum der Garantiefrist eventuelle Sachmängel zu beheben. Der Anwalt betonte aber auch: „Ohne eine gesonderte Garantievereinbarung gibt es keine Garantie.“ Kulanz können Werkstatt und Autohaus immer dann walten lassen, wenn der Mangel nicht in die Gewährleistung oder die Garantieleistungen fällt. Diese ist absolut freiwillig, der Kunde hat keinen Anspruch darauf. ## Haften Eltern für ihre Kinder? – Irrtümer in der Schadenregulierung Geschäftsführer Henning Hamann räumte unterdes mit den landläufigsten Irrtümern der Schadenregulierung auf. [Bereits im Mai hat er einige der größten Mythen in der Schadenregulierung richtiggestellt.](https://schaden.news/de/article/link/42873/etl-kanzlei-voigt-groe-te-mythen-in-der-schadenregulierung-teil-1) Vergangene Woche folgte nun die Fortsetzung. Im Fokus stand die Frage: Haften Eltern immer für ihre Kinder? Laut BGB können auch Kinder für ihre Handlungen haftbar gemacht werden. Allerdings nicht vor Vollendung des siebten Lebensjahres. Dann gelten sie als nicht deliktfähig, nicht einmal bei Vorsatztaten. Zudem betont Henning Hamann: „Eine weitere Ausnahme besteht bei Kindern zwischen 7 und 10 Jahren bei Unfällen im Straßenverkehr.“ Sofern die Tat nicht vorsätzlich begangen wurde, sind sie laut Gesetz „nicht verantwortlich“. In
der Rechtsprechung wird hier situativ entschieden, ob bei dem Unfall eine sogenannte „mit den Gefahren des Straßenverkehrs eingehende Überforderungssituation“ vorlag. Im Beispiel von Henning Hamann hat ein 6-jähriger Erstklässler während einer kurzen Wartezeit vorsätzlich mit einem Stein auf einem Auto „gemalt“. Das Kind ist aufgrund seines Alters nicht deliktfähig. Die Eltern würden haften, wenn eine Verletzung der Aufsichtspflicht vorliegt. Da die Aufsichtspflicht für Schulkinder einen Blickkontakt der Eltern aller 30 Minuten vorsieht, trifft die Eltern in diesem Fall jedoch ebenfalls keine Schuld. Auch eine Privathaftpflichtversicherung würde nur dann greifen, wenn zusätzlich der „Verzicht auf die Einrede der Deliktsunfähigkeit“ mitversichert wäre. Ansonsten bleibt der Geschädigte auf seinem Schaden sitzen und muss – falls vorhanden – seine eigene Vollkaskoversicherung einschalten. ## Auffahrunfälle und Winterreifen – was gilt? Auch der Annahme „Wer auffährt, hat Schuld“ widmete sich der Geschäftsführer in seinem Vortrag. Nach geltender Rechtsprechung gibt es einen Anscheinsbeweis zu Lasten des Auffahrenden, der dazu führt, dass sich weithin die Annahme „Wer auffährt, hat Schuld“ durchsetzte. Dies gelte jedoch nicht, so der Rechtsanwalt, wenn der Vorausfahrende zum Beispiel wegen eines Blitzers oder eines kleinen Tieres abrupt abbremst. In diesen Fällen sprachen Gerichte den Vorausfahrenden einen Mithaftungsanteil zu. Gerade jetzt, wo die Reifenwechsel-Saison vor der Tür steht, wird auch die Frage nach einer allgemeinen Winterreifenpflicht interessant. Laut § 2 Abs. 3a der Straßenverkehrsordnung gelten bei Glatteis, Schnee- und Eisglätte oder Schneematsch besondere Anforderungen an die Bereifung – als witterungstauglich gelten dann Reifen mit einem Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocken-Symbol). Laut Henning Hamann gelte keine allgemeine, sondern eine situative Winterreifenpflicht. Demnach ist das Fahren mit Sommerreifen bei Trockenheit und Sonnenschein auch im Winter gestattet. Sobald jedoch winterliche Verhältnisse eintreten, gilt das Fahren ohne Winterreifen als Ordnungswidrigkeit. Im Falle eines Unfalls kann dann sogar der Versicherungsschutz erlöschen. ## Kanzlei stellt sich mit Markenrelaunch moderner auf Zum Abschluss kündigte Henning Hamann noch den Markenrelaunch der Kanzlei Voigt an. Mit einem neuen Logo, einer überarbeiteten Website und dem Slogan „Voigt regelt“ fokussiere man sich künftig stärker auf die Marke Voigt und die Kernkompetenz der Kanzlei. Der neue Internetauftritt ist ab morgen unter [www.voigt-regelt.de](http://www.voigt-regelt.de/) erreichbar.
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