2025-10-15T10:40:33+0000

PPG testet Lackierroboter PaintGo in Hilden: „Robotik soll Fachkräfte unterstützen, nicht ersetzen“

Beim Innovation Day am 7. Oktober in Hilden präsentierte Lackhersteller PPG erstmals den Lackierroboter PaintGo im Praxiseinsatz. Das System vom chinesischen Hersteller ONEW wird ab sofort auch in Deutschland vertrieben. Dafür ging der Lackhersteller mit der Schweizer BluTech AG eine Partnerschaft ein. Im Rahmen dieser Kooperation testen die Hildener den PaintGo bereits seit mehreren Monaten in ihrem Schulungszentrum. ## Roboter als Entlastung für Betriebe „Wir halten die Automatisierung mit Lackierrobotern für eines der zukunftsträchtigsten Themen in unserer Branche“, sagte PPG Deutschland-Chef Jochen Kleemann in Hilden. Der Lackhersteller beschäftigt sich seit der Automechanika 2024 intensiv mit der Frage, wie Robotik in K&L-Betrieben sinnvoll eingesetzt werden kann. Ziel sei dabei immer, Prozesse effizienter zu gestalten – nicht, Personal zu ersetzen. „Die Kombination aus Mensch und Maschine steht für uns im Fokus. Automatisierung soll mit der Fachkraft kombiniert werden, um Effizienzen zu heben“, so Jochen Kleemann weiter. Besonders in Betrieben mit zwei oder mehr Lackierkabinen könnte der PaintGo helfen, Auftragsspitzen abzufangen und Engpässe im Ablauf zu vermeiden. ## Konstante Applikation mit Grenzen Wie BluTech-Geschäftsführer Roger Blum im Video erklärt, ist der PaintGo über WLAN mit einem externen Computer verbunden und greift auf eine Datenbank mit über 800 Fahrzeugmodellen zu. Vor jedem Lackierprozess überprüft ein Laserscanner die eingegebenen Daten. Nur bei korrekten Parametern startet die Applikation. Fehlende Modelle werden laut dem BluTech-Geschäftsführer bei Bedarf binnen 24 Stunden vom Hersteller nachgeliefert, dafür muss der Betrieb das zu lackierende Teil einmal scannen. Der Roboter bewegt sich über Führungsschienen in der Lackierkabine. Die Installation sei unkompliziert und innerhalb eines Tages abgeschlossen, so Roger Blum. In der Praxis überzeugt der Lackierroboter laut PPG durch eine gleichmäßige Lackierung ohne Läufer oder Staubeinschlüsse. „Das Ergebnis ist beeindruckend, der Finish-Aufwand reduziert sich deutlich“, betont Arek Fiedorowicz, Marketing Operation Manager, in Hilden. Jedoch stößt die Technologie auch noch an Grenzen. Innen- und Kantenbereiche müssen derzeit noch händisch von den Fachkräften vorlackiert werden. Und auch das Einlackieren ist aktuell nicht möglich, wie Roger Blum erklärt. Allerdings arbeite ONEW mit Hochdruck an einer Lösung bis Jahresende. ## Für welche Betriebe lohnt sich die Investition? Mit einem Preis von über 100.000 Euro ist der PaintGo derzeit noch eine kostspielige Investition. BluTech verweist jedoch auf verschiedene Förderprogramme, die den Einstieg erleichtern könnten. In Europa sind aktuell rund 60 Systeme im Einsatz – in Deutschland startet der Vertrieb jetzt. Für interessierte Betriebe könnte sich die Investition aus Sicht der Hildener dennoch lohnen: Neben einer konstanten Qualität entlaste der PaintGo die Fachkräfte und sorge für planbare Durchlaufzeiten. „Mit Blick
auf den Fachkräftemangel könnte der PaintGo gerade für Betriebe mit zwei oder mehr Lackierkabinen eine denkbare Alternative sein – etwa bei Aufträgen für Flottenkunden, Zustellunternehmen oder in der Industrielackierung, wo größere Stückzahlen gefragt sind“, so Jochen Kleemann. ## Positive Reaktionen aus der Branche Auch die anwesenden Verbandsspitzen Thomas Aukamm (ZKF), Torsten Schmidt (BFL) und Michael Pinto (BVdP) zeigten sich in Hilden überzeugt: Die neue Technik gefährdet keine Arbeitsplätze – sie wertet das Berufsbild des Fahrzeuglackierers auf. Besonders junge Fachkräfte seien begeistert, wenn Betriebe auf modernste Technologie setzen. ## Blick nach vorn: Exoskelette und VR im Werkstattalltag? Neben dem PaintGo stellte das PPG-Team während des Medientermins weitere Zukunftskonzepte vor – darunter Exoskelette zur körperlichen Entlastung älterer Mitarbeiter sowie Augmented Reality und VR-Brillen für Schulung und Prozessunterstützung. Im firmeneigenen Innovation Lab testet der Lackherstellers außerdem Schleif-, Polier- und Felgenlackierroboter. „Technisch ist heute fast alles möglich. Die Frage ist, wie viel Automatisierung Betriebe wirklich brauchen – und was sich wirtschaftlich rechnet.“, resümierte Arek Fiedorowicz. Fakt ist und darüber herrschte während des Innovation Days in Hilden Einigkeit: Die Automatisierung wird die K&L-Branche verändern, aber keine Fachkräfte verdrängen. Stattdessen bietet sie Chancen für mehr Effizienz, Qualität und Zukunftssicherheit in den Werkstätten.