2025-09-24T09:06:54+0000

Wie sich der Schadenmarkt bis 2030 entwickelt

Einmal im Jahr ziehen sich Entscheider aus der Schadenwelt zum Meinungsaustausch in kleiner, vertrauter Runde auf Schloss Arff im Rheinland zurück. Auf Einladung von Solera Audatex AUTOonline sprechen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über grundsätzliche Themen, die das Schaden-Business verändern werden. „Wir bringen Menschen zusammen, die selbst Motor der Veränderung sind, informieren über innovative Entwicklungen und deren Veränderungspotenzial für die kommenden Jahre“, erklärt Vice President Dr. Ingo Blöink von Solera Deutschland. ## Naturgefahren und Klimawandel setzen die Branche unter Zugzwang Eines dieser Themen stand gleich zu Beginn des Treffens auf der Tagesordnung: „Die Auswirkungen des Klimawandels werden gerade die Schadenbranche stark beeinflussen“, erklärte Experte Matthias Müller von der KA Köln Assekuranz. Als Leiter des Forschungsteams K.A.R.L. beschäftigt er sich intensiv mit den Naturgefahren und erstellt Risikoanalysen, die für die Strategie der Versicherungswirtschaft essenziell sind. Auf Schloss Arff erklärte er die Zusammenhänge zwischen Erderwärmung und sich verstärkenden Unwetterereignissen wie Hagel oder Starkregen, die künftig mehr Schäden anrichten werden als noch vor einigen Jahren. „Wichtig ist, dass man das Risiko kennt“, hob der Wissenschaftler hervor und räumte gleich mit einer Fehleinschätzung auf: „Die Aussage, dass es alle zwei Jahre einen schweren Hagelschlag gibt, ist falsch.“ Vielmehr ginge es um Großschadenereignisse die normalerweise alle 20, 30 oder 100 Jahre geschehen. Fakt ist: „Die Abstände in den Zeiträumen werden durch den Klimawandel jetzt immer kürzer.“ ## Wie können Hagelschäden besser reguliert werden? Den konkreten Umgang mit dem Großschadenereignis Hagel zeigten Steffen Baum (Solera) und Arthur Vogel (PDR Team). „Alle Hagelschäden lassen sich heute durch innovatives Schadenmanagement in strukturierte Daten erfassen“, unterstrich Steffen Baum und demonstrierte die Anbindung des Audatex Kalkulationssystems an Hagelschadenscanner. Die Funktionsweise der Scantechnik erläuterte Arthur Vogel und bezog sich dabei auf Matthias Müller, dass Naturgefahrenereignisse künftig weiter zunehmen werden. Der Hagelscanner beschleunige die Schadenerfassung vor diesem Hintergrund enorm und unterstütze die Kfz-Versicherer auch bei der Betrugserkennung. ## Zahlen, Daten, Fakten als Grundlage für Entscheidungen Bei dem Solera Event wurden aber auch aktuelle Entwicklungen und die Bewältigung anstehender Herausforderungen thematisiert. So zeigte Erik Jahn (AUTOonline) auf, in welche Richtung sich der Schadenmarkt und die Restwerte sowie Gebrauchtwagenpreise
konkret bewegt haben. Erik Jahn leitet das Geschäft der Restwertbörse in Deutschland und erklärte, dass die Gebrauchtwagenpreise in den vergangenen fünf Jahren um 40 Prozent, die Reparaturkosten um 38 Prozent und die wirtschaftlichen Totalschäden um 21 Prozent zugenommen hätten. „Ein wesentlicher Grund ist der immer älter werdende Fahrzeugbestand in Deutschland“, betonte der Experte. Dies habe beispielsweise Auswirkungen auf die Totalschadenentwicklung bei Hagelschäden und Verkehrsunfällen. Erik Jahr rechnet damit, dass es künftig daher auch zu einem Rückgang der Reparaturquote kommen könnte. Die Einschätzung der Teilnehmer während der Diskussion war auch, dass sich diese Trends weiter fortsetzen. ## Stundensätze, Lackmaterial, Schadenbilder: Welche Daten können Kfz-Versicherer analysieren? Einen tiefen Einblick in Solera Analytics gab auf Schloss Arff der Leiter Business Development, Arben Ndue. Er zeigte den rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Treffens, wie granular die individuellen Schadendaten der Kfz-Versicherer mittlerweile ausgewertet werden können. „Entscheidend für die Entwicklung künftiger Strategien wird die tiefgehende aber leicht zu handelnde Analyse von vorhandenen Daten sein“, unterstrich Arben Ndue. Er demonstrierte anhand einer Live-Vorführung wie einfach Angaben zu Karosserie- oder Lackstundensätzen für alle Schadenfälle anhand realer Daten eines Kfz-Versicherers sichtbar werden. Diese und andere Selektionen lassen sich nach Angaben von Arben Ndue auch auf verschiedene Regionen, Kasko oder Kraftfahrt-Haftpflicht oder verschiedene Fahrzeugtypen skalieren. Auch Angaben zu CO2-Werten ließen sich nach Aussage von Solera so dokumentieren. Analytics könnten bei Kfz-Versicherern und anderen Marktteilnehmern künftig dafür eingesetzt werden, um Organisationsstrukturen zu verbessern oder Werkstattnetze zu optimieren. Auch der Reparaturkostenvergleich zwischen verschiedenen Antriebsarten wie Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor und E-Autos sei künftig einfacher zu erstellen. ## Trendforum zeigt Wege und Strategien bis ans Ende des Jahrzehnts auf Starkes Interesse zeigten die anwesenden Branchenentscheider auch an der Diskussion beim Trendforum auf Schloss Arff. Beim Talk sprachen Stefanie Aigner (Leiterin Schaden und Kfz-Sachverständigenorganisation VHV Versicherungen), Guido Kutschera (Vorsitzender der Geschäftsführung DEKRA Automobil GmbH), Matthew Whittall (Director Enterprise Mobility) und Dr. Ingo Blöink (Vice President Solera Audatex AUTOonline) über die Entwicklungen im Schaden Business bis ins Jahr 2030. Egal ob Versicherer, Prüforganisation, Mobilitäts- oder Schadendienstleister – alle Diskussionsteilnehmer sahen in der Bewältigung der Fachkräftekrise, des demographischen Wandels und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz die größten Herausforderungen. Ihre Herangehensweise ist unterschiedliche. So profitieren einige Unternehmen schon jetzt vom Stellenabbau in der Automobilindustrie, andere werden in Kürze aufgrund der Altersstruktur massiv Beschäftigte verlieren. Einigkeit herrschte beim Thema Künstliche Intelligenz: Die Talkgäste des Trendforums gehen davon aus, das KI in den nächsten fünf Jahren bestimmte Teilbereiche im Schadenprozess übernehmen und beschleunigen wird. Klar sei, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Zeitraum nicht ersetzt würden, sondern mit auf die „Reise in die Zukunft“ genommen werden müssten.
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