2023-03-15T10:08:03+0000

Wohin steuert Riparo?

_Nach der Übernahme von Innovation Group durch die Allianz Versicherung rechnen viele Brancheninsider damit, dass der Schadensteuerer Riparo weiter an Bedeutung gewinnen wird. Welchen Kurs die Holzgerlinger jetzt einschlagen, erklären die Geschäftsführer Jürgen Schmidt und Steffen Struwe im Exklusiv-Interview._ ___Wie sieht derzeit die aktuelle Lage bei der Vermittlung von Reparaturvolumen im Werkstattnetz von Riparo aus?___ __Steffen Struwe:__ Insgesamt ist das neue Jahr sehr gut angelaufen. Da wir noch in einer starken Wachstumsphase sind, konnten wir auch die Corona-Jahre gut überstehen. Die Situation ist aber eine andere als noch 2019. Wir sind mit starken Schwankungen bei der Versorgung mit Ersatzteilen und einer extremen Kostenentwicklung konfrontiert. Wahrscheinlich werden wir uns damit abfinden müssen, dass es in Zukunft in Einzelfällen zu Störungen im Reparaturablauf kommen kann. Das scheint wohl das „neue Normal“ zu sein. ___Tatsächlich belastet die Kostensituation und vor allem auch der Fachkräftemangel die Partnerwerkstätten enorm. Wie gehen Sie damit konkret um?___ __Jürgen Schmidt:__ Wir führen täglich Gespräche mit unseren Werkstattpartnern über deren individuelle Situation. Unser Verantwortlicher für das Werkstattnetz, Michele Tancredi, spricht hierbei natürlich auch über Kostensteigerungen und Konditionen der Zusammenarbeit. In den vergangenen 2 Jahren sind die Stundenverrechnungssätze im Werkstattnetz stark angestiegen. Nur so konnte gewährleistet werden, dass die Werkstattpartner weiterhin zu auskömmlichen Konditionen arbeiten können. Mit unserem Werkstattservice versuchen wir zudem unsere Werkstattpartner mit guten Einkaufskonditionen bei Ersatzteilen und Leasingfahrzeugen zu unterstützen. Aber auch die Werkstattpartner selbst sind derzeit gefordert, alle Potenziale zur Effizienzsteigerung auszuschöpfen. ___Uns liegen Informationen aus Betrieben vor, dass keine Stundensätze erhöht wurden.___ __Steffen Struwe:__ Diese Informationen sind definitiv falsch. Im Gegenteil. In den letzten 2 Jahren sind die Stundenverrechnungssätze so stark wie nie zuvor angestiegen. ___Der Fachkräftemangel wird offensichtlich zum Dauer-Problem unserer Branche. Welche Folgen kann diese Entwicklung für den Unfallreparaturmarkt haben?___ __Steffen Struwe:__ Der Fachkräftemangel aber auch fehlende Unternehmensnachfolge in den Betrieben werden künftig tatsächlich zu einer strukturellen Herausforderung für die gesamte Branche. Die Reparaturkapazitäten sind schon jetzt knapp und werden in Zukunft noch weiter zurück gehen. Gleichzeitig steigen die Anforderungen in der Unfallschadenreparatur. Geht die Entwicklung so weiter, werden sich viele Werkstätten ihre Auftraggeber bald aussuchen können. Das wird dann eine andere Lage als wir sie im Unfallschadenmarkt bisher kannten. ___Wie stellen Sie sich auf diese Situation ein?___ __Steffen Struwe:__ Wir setzen von Beginn an auf ein partnerschaftliches Miteinander zwischen den Kfz-Versicherern, Werkstattpartnern und riparo. Unser Antritt ist nach wie
vor, mit unserer Arbeit den Nutzen für unsere Partner-Versicherer zu erhöhen, und gleichzeitig die Belastungen für unsere Werkstattpartner zu reduzieren. Das ist auch der Grund für unsere Philosophie, nicht in den laufenden Betrieb der Werkstattpartner einzugreifen. Bei riparo gibt es keine Pflicht und keine Quoten für Ersatzteilbestellungen oder Bestellungen von Leasingfahrzeugen. Auch auf die Wahl des Lackherstellers oder die Werkstattausrüstung nehmen wir keinen Einfluss. Zudem versuchen wir auch bei den weichen Faktoren der Zusammenarbeit, zum Beispiel Erreichbarkeit, Hilfsbereitschaft oder anständiger Umgang miteinander, die Werkstattpartner von einer Zusammenarbeit mit riparo zu überzeugen. Wir sind davon überzeugt, dass es künftig immer wichtiger wird, ob ein Betrieb gut und gerne mit dem Schadensteuerer und den dahinterstehenden Kfz-Versicherern zusammenarbeitet. Da sind wir unseres Erachtens heute schon gut aufgestellt. ___Wie entwickelt sich das Kfz-Versicherungsgeschäft bei Riparo?___ __Jürgen Schmidt:__ Wir werden auch in diesem Jahr wachsen. Momentan erweitern wir unser Team und suchen zusätzlich zu den derzeit 55 beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiteres qualifiziertes, branchenerfahrenes Personal. Deshalb leben wir gerade auf einer „Baustelle“, weil wir unsere Bürokapazitäten dringend erweitern müssen. Im vergangenen Jahr haben wir knapp 70.000 Reparaturfälle für 24 Kfz-Versicherer vermittelt. Wir rechnen damit, dass wir die Anzahl in diesem Jahr noch einmal deutlich steigern können. ___Sie profitieren auch von der Übernahme der Innovation Group durch die Allianz.___ __Jürgen Schmidt:__ Hier würden wir gerne erstmal betonen, dass die Branche weder Kopf steht, noch dass die Kfz-Versicherer in „Panik“ sind. Einige Versicherer wurden aber in der Tat etwas aufgeschreckt und suchen nach einer zweiten Lösung für ihre Schadenmanagement-Aktivitäten. Da bieten wir uns als riparo natürlich sehr gerne an. ___Eine andere Entwicklung, die deutlich an Fahrt aufnimmt ist die Digitalisierung von Schadenprozessen. Welchen Weg wird Riparo hier einschlagen?___ __Jürgen Schmidt:__ Hier stecken gleich mehrere Themen drin. riparo intern unterscheiden wir zwischen Automatisierung, Digitalisierung und KI. Wobei sich die Themen oftmals auch überschneiden oder ergänzen. Am Beispiel „Reparaturrechnungen“ lässt sich das gut verdeutlichen. Diese kommen bei uns in unzähligen Formaten ins Haus und müssen in Einzelpositionen erfasst werden (Lack, Lohn, Teile, Mehrwertsteuer, Rechnungsnummer, Datum usw.). Das war seither ein manueller Prozess, der unnötig Mitarbeiterkapazitäten erfordert. Durch unsere Zusammenarbeit mit [buildsimple](https://buildsimple.com/) konnten wir diesen Prozess automatisieren. Über künstliche Intelligenz wurde das System angelernt, die unterschiedlichen Rechnungsformate einzulesen und in unser System zu übertragen. ___Es wird also weiterhin keine Web-Plattform von Riparo für die Steuerung von Unfallschäden geben?___ __Jürgen Schmidt:__ Letztendlich geht es um die Darstellung eines digitalen End-to-End Prozesses in der Reparatursteuerung. Dazu braucht es unseres Erachtens nicht zwingend eine Web-Plattform, die von den Werkstattpartnern befüllt werden muss (oft auch mit manuellem Aufwand). Wir versuchen hier einen anderen Weg zu gehen. Mit einer modular aufgebauten digitalen Strecke wollen wir die ohnehin vorhandenen Daten nutzen. Der jeweilige Versicherer kann dann für sich entscheiden, welche Module er in seine eigene digitale Strecke einbauen möchte. Die digitale Abbildung von Reparaturterminen oder Reparaturstatus geht auch ohne zusätzlichen Aufwand für die Werkstattpartner. __Steffen Struwe:__ Uns ist wichtig, dass wir einerseits eine schnelle, digitale Übermittlung wichtiger Reparaturdaten an unsere Kfz-Versicherer gewährleisten, aber andererseits den Aufwand bei den Werkstattpartnern möglichst gering halten. ___Vielen Dank für unser Interview.___