2020-12-02T12:11:40+0000

Lackiertipps für die kalte Jahreszeit

Spätestens, wenn am Morgen der Eiskratzer zum Einsatz kommt und die Werkstattheizung hochgefahren wird, sollten Lackierer ihre Arbeitsprozesse an die kalte Jahreszeit anpassen. Worauf besonders zu achten ist, erklären im Folgenden die Lack-Spezialisten von AkzoNobel, BASF und PPG. ## Viskosität des Materials ändert sich bei Kälte Ob im Vorbereitungsbereich oder in der Spritzkabine: Je kälter die Materialien sind, desto dickflüssiger werden sie und lassen sich dann nicht so gut verarbeiten wie gewohnt. Die höhere Viskosität bewirkt, dass Oberflächen weniger glatt und wie vernarbt wirken: „Weniger erfahrene Lackierer neigen dazu, diesen als Orangenhaut bekannten Effekt durch den Auftrag zusätzlicher Lackschichten ausgleichen zu wollen. Ändert sich dann im Laufe des Trocknungsprozesses abermals die Viskosität, können sich an diesen überbeschichteten Stellen Lackkocher oder -läufer bilden“, erklärt Roger Hengst, Experte im Technischen Kundenservice bei PPG. Bis zu einem gewissen Grad könne man dieses Materialverhalten durch den Einsatz von Härtern und Verdünnern ausgleichen, weiß BASF Regional Technical Manager Hendrik Franke, der bei der Arbeit mit Füller und Klarlack den Einsatz kürzerer Produkte empfiehlt. ## Auf richtige Materialtemperatur achten Wesentlich besser, als durch den Zusatz von Härtern oder Verdünnern auf die veränderten Witterungsverhältnisse zu reagieren, sei es jedoch, das Materialverhalten über die richtige Lagerungs- und Verarbeitungstemperatur zu steuern: „Wenn die Temperaturen im Toleranzbereich zwischen 20 und 23 Grad liegen, besteht kein großer Bedarf an zusätzlichen Produktkombinationen“, betont Raimondo Stau, Trainingskoordinator bei AkzoNobel. Generell ist der Lackierer gut beraten, wenn entlang der einzelnen Arbeitsschritte und -stationen keine größeren Temperaturgefälle auftreten. Keinesfalls sollten die Kannen oder Gebinde direkt auf dem kalten Hallenboden abgestellt werden. Befindet sich der Anmischtisch im Warmen, das Materiallager aber nicht, sollte man daher vorausschauend vorgehen und ausreichend Vorrat bereitstellen, damit dieser die richtige Verarbeitungstemperatur erreicht, rät der Fachmann daher. ## Temperatur von Kabine und Druckluft checken Um sicherzugehen, dass die Lackierprodukte ausreichend durchtrocknen, sei es zudem sinnvoll, mit einem Thermometer nachzumessen, welche Temperaturen der Trockenofen tatsächlich erreicht, erklärt Raimondo Stau: „Herrschen draußen Minusgrade, sollte der Lackierer vor dem Trocknen prüfen, ob tatsächlich die Soll-Temperatur von 60 Grad erreicht wird, damit beim Finish die Polierfähigkeit der Oberfläche gegeben ist. Um Oberflächenstörungen zu vermeiden, muss ansonsten die Trocknungstemperatur angehoben werden oder mittels IRT-Strahler nachgetrocknet werden.“ Wird außerhalb der Kabine gearbeitet, sollte zudem die Temperatur der Kompressorluft bedacht werden, betont Roger Hengst: „Bei einer Spot Repair, an Multifunktionsarbeitsplätzen oder Füllerständen kann die abgegebene Druckluft unter Umständen den Verlauf negativ beeinflussen, wenn sie durch kalte Zonen oder Räume geführt wird. Hier im Trainingszentrum arbeiten wir daher mit der ensutec-Anlage, die konstant 30 Grad warme und ionisierte Luft liefert.“ ## Trockene Luft kann Materialverhalten beeinflussen Auch die im Winter durch die höhere Kabinentemperatur deutlich geringere Luftfeuchtigkeit beeinflusst den Lackierprozess: „Die trockenere Luft kann mehr
Feuchtigkeit aufnehmen und die Ablüftzeiten sind dann gerade bei Wasserbasislacken viel geringer. Bei unserer Reihe 90 und der Reihe 100 sehen wir hier allerdings keinen speziellen Handlungsbedarf, da man auch bei solchen Witterungsbedingungen mit den Standardeinstellungen gut lackieren kann“, erklärt Hendrik Franke. Insbesondere Overspray trete häufig bei zu trockener Luft auf, erklärt Raimondo Stau: „Besonders beim Einlackieren von größeren Flächen kommt der Farbnebel dann zu trocken auf die Oberfläche.“ Bei lufttrocknenden Klarlacken könne man häufig feststellen, dass diese viel länger zum Trocknen benötigten: „Der Einsatz des Paint PerformAir erleichtert hier die Arbeit des Lackierers enorm, denn das Gerät reguliert in Abhängigkeit der klimatischen Bedingungen automatisch die Luftfeuchtigkeit und die Trocknung vollzieht sich innerhalb der üblichen Zeiten.“ ## Achtung bei kalten Oberflächen! Stimmen zwar die Raum- und Materialtemperatur, doch ist die Fahrzeugoberfläche zu kalt, kann Kondensationsfeuchtigkeit das Auftreten von Blasen, oder Vermattungen hervorrufen: „Die in der Umgebungsluft enthaltende Feuchtigkeit legt sich dann wie ein Film um das Objekt. Dann besteht die Gefahr, dass die Materialien nicht mehr so gut auf der Oberfläche haften und es im weiteren Verlauf zu Blasenbildung kommt“, erklärt Hendrik Franke. Vor dem Lackieren sollte das Objekt daher unbedingt Raumtemperatur erreicht haben. Beabsichtige man, ein Fahrzeug gleich am nächsten Morgen zu bearbeiten, sollte man es nach Möglichkeit über Nacht in der Halle stehen lassen, um Verzögerungen zu vermeiden. Die Feuchtigkeitsbildung beeinflusse allerdings nicht nur die Lackierung selbst, sondern könne bereits bei der Farbtonmessung für unangenehme Überraschungen sorgen, weiß Raimondo Stau: „Wird mit einem digitalen Spektralfotometer gearbeitet, kann die Feuchtigkeit auf der Objektoberfläche die Messwerte verfälschen. Dasselbe gilt auch für die zu kalte Lagerung des Geräts selbst. Die Kondensationsfeuchte kann sich dann wie eine trübe Linse auswirken und die Farbtonfindung erschweren.“ ## Gründliche Fahrzeugreinigung durchführen Noch vor den ersten Schleifarbeiten, ist gerade im Winter auf eine gründliche Reinigung zu achten, erklärt Hendrik Franke: „Verbleiben Streusalzreste auf der Oberfläche, besteht ansonsten die Gefahr, dass diese in die Oberfläche eingearbeitet werden. In den Schleifriefen wird dann ein Osmose-Prozess in Gang gesetzt, bei dem die Luftfeuchtigkeit in den Untergrund gezogen wird und zu einem späteren Zeitpunkt zur Blasenbildung führen kann.“ Um das Salz zu lösen, sei es allerdings erforderlich einen wasserbasierenden Reiniger zu verwenden. Der ausschließliche Einsatz von Silikonentferner reiche hierfür nicht aus.