2020-08-05T12:34:34+0000

ZKF-Präsident: „Vielleicht ist weniger Umsatz mehr Ertrag?“

___Herr Börner, Sie wurden Mitte Juni für eine dritte Amtszeit als Präsident des Zentralverbandes wiedergewählt. Was sind Ihre Themen und Projekte, die Sie jetzt anpacken?___ __Peter Börner:__ Zunächst nochmals herzlichen Dank für das Vertrauen der ZKF-Mitglieder in meine Wiederwahl, das zeugt von Verständnis und Kontinuität in der Verbandspolitik. Ich sehe dies als einen Auftrag, die eingeschlagene Richtung weiterzugehen. Zu den Themen bin ich sicher, dass wir noch an den bisherigen Errungenschaften weiterarbeiten müssen: repair-pedia, Kalibrierung und Diagnose, Caravan-Fachbetrieb sowie unsere Neuausrichtung auf die Technik und das Mitglied sind noch nicht überall angekommen und angenommen worden. Hier müssen wir nachbessern. Zu den zukünftigen Projekten könnte ich jetzt eine Stunde referieren, ich fasse dies unter der Überschrift „Digitalisierung“ zusammen. Was hier möglich ist und was wir schon auf unserer Agenda stehen haben, überrascht mich auch hin und wieder. Der ZKF wird mit seiner EUROGARANT AutoService AG schon bald einen deutlichen Schritt in die Zukunft machen, wir definieren Digitalisierung heute, wenn sie der Werkstatt einen Vorteil bringt und nicht einem anderen. Das ist unsere Marschrichtung. ___Wenn Sie auf die derzeitige Lage der K&L-Betriebe schauen, wo liegen Ihrer Einschätzung nach die größten Herausforderungen der Werkstätten?___ __Peter Börner: __Ganz lapidar gesagt: in der Entscheidung, weiter Hamsterrad zum Geldtauschen zu sein oder unter der aktuellen Situation eine Neuausrichtung des Unternehmens anzustreben. Ein Beispiel: Was heute allein an Investition in das Thema Programmierung, Diagnose, Anlernen, Auslesen und vor allem Begreifen, was da geschieht – also in Personal – erforderlich ist, dazu reichen diktierte Stundensätze der Schadenlenker bei Weitem nicht aus. Das bedeutet, die Zukunft sieht eingeengt aus, weil ich nicht jedes Fahrzeug vollends reparieren kann und sehr oft die Hilfe einer Vertragswerkstatt benötige. Warum die aber in der Regel den doppelten Stundensatz berechnen, wird vielleicht jetzt klar: Wer Investiert, kann das nicht ohne die Anpassung der Stundensätze. Es ist absehbar, wann sich die Ersten aus dem Markt verabschieden, weil sie nicht mehr alles reparieren können und wann die Anderen die Schadenlenker vor die Tür setzen, weil sie zu diesem Preis ganz einfach nicht mehr arbeiten können. Vielleicht ist weniger Umsatz mehr Ertrag! ___Es gibt einen neue Basisbewegung in der Werkstattwelt. In diesem Jahr hat sich die Werkstatt-Werte-Union gegründet. Sie will sich stärker für die Interessen der Betriebe einsetzen. Wie bewerten Sie diese Initiative?___ __Peter Börner: __Als ZKF betrachten wir dies von einer bestimmten Blickrichtung. Wenn Mitglieder des ZKF eine Initiative ergreifen, ist das zunächst vom ZKF zu beobachten, zu begreifen und auch grundsätzlich zu unterstützen. Denn: es sind nun mal ZKF-Mitglieder und deren Interessen haben uns ganz einfach zu bewegen, Fakt. Jetzt lässt sich fragen, warum wurden die Gründe der Initiative nicht im ZKF besprochen und eingefordert, warum etwas Neues und das auch noch neben dem BVdP, der die Interessen dieser Themen rund um die Schadenlenkung für sich ebenso beansprucht? Die Antworten können sicherlich die Gründungsmitglieder der Werkstatt-Werte Union geben. Wir als ZKF werden der Werkstatt-Werte-Union nicht mehr und nicht weniger Unterstützung,
Zusammenarbeit und gemeinsame Zielrichtungen anbieten als seinerzeit dem BVdP. Die Gespräche laufen aus meiner Sicht in die richtige Richtung und in Summe sehr gut. Um nun die Frage zu beantworten: ich bewerte dies als unbedingt verfolgungswert, denn die Tatsache der Gründung hat seine Gründe und diese sehe ich als wichtig an, um diese zu verstehen. ___Wäre nicht ein Engagement innerhalb bestehender Verbandsstrukturen besser gewesen, um die vorhandenen Kräfte zu bündeln?___ __Peter Börner:__ Ja, das mag auf den ersten Blick so sein. Als ich das erste Mal als Bundesbürger wählen durfte, gab es vier Parteien. Auf dem heutigen Wahlzettel findet man 34 zugelassene Parteien. Vielleicht beantwortet das die Frage. Nicht Jeder fühlt sich mit seinen Interessen bei den heutigen Vertretern der Branche gut aufgehoben. Nun gibt es verschieden Möglichkeiten: sich einmischen und bei den bestehenden Verbänden mitgestalten, resignieren und weitermachen oder einen eigenen Verband gründen. Ich bin sicher, die Gründungsmitglieder der Werkstatt-Werte-Union haben sich im Vorfeld bestens informiert und genauestens überlegt, was sie da machen. Schaut man sich nun die Gründe und Forderungen der Werkstatt-Werte-Union an, dann wird auf den zweiten Blick eine Koalition die richtige Alternative. Genau die, die wir dem BVdP auch schon immer geboten haben. Hierzu hat der ZKF in den letzten Wochen alle erdenklichen Türen aufgemacht. Wir haben die Voraussetzungen geschaffen, sich an einen Tisch zu setzen und die Themen gemeinsam in einer Fachgruppe zu analysieren und auch gemeinsam zu vertreten, wenn diese denn auch gemeinsam zu vertreten sind. Wir hoffen wirklich sehr und arbeiten auch an einer vertretbaren Lösung, dass wir uns gemeinsam finden und auch gemeinsam und nicht gegeneinander agieren können. ___Momentan scheint sich während der Corona-Krise die Situation im Unfallschadenmarkt und das Reparaturvolumen wieder zu normalisieren. Wie bewerten Sie die aktuelle Lage und worauf kommt es jetzt für die Betriebe an?___ __Peter Börner: __Noch bewerte ich die Lage unterschiedlich. Nicht alle Betriebe sind wieder auf 100 Prozent und verfügen über den notwendigen Vorlauf zu einer guten Auslastung. Hinzu kommen Umsatzausfälle der letzten Monate und die Tatsache, dass wir im zweiten Halbjahr diese wohl kaum aufholen können. Die festen Kosten der letzten Monate sind aber bis auf das Thema Kurzarbeit gleichgeblieben und zeigen sich nun. Ich rate den Mitgliedern, sich den betriebswirtschaftlichen Verlauf in der Krise genau anzusehen und zu analysieren, worauf es tatsächlich angekommen ist. Finanzierung, Leasing, Miete, Pacht, Rückzahlung sind alles Dinge, warum es in anderen Ländern immer gleich an das Eingemachte geht. In unserer Lage, des mittelständischen Handwerksbetriebes in den deutschsprachigen Ländern, die eben nicht schlank und prozessgetrimmt mit dem Wettbewerber direkt austauschbar sind, zählen andere starke Werte. Mitarbeiter, Nachhaltigkeit, Gewissenhaftigkeit, Grundkapital und Verlässlichkeit – das sind die Fakten, auf die es in Zukunft ankommt. ___Die Kfz-Versicherer und Schadensteuerer haben ihre Partnerwerkstätten in den letzten Monaten schnell mit Corona-Hilfsmaßnahmen unterstützt. Sie haben die Maßnahmen teilweise kritisiert. Wie muss es jetzt aus Ihrer Sicht weitergehen?___ __Peter Börner: __Ich hatte kritisiert, dass eine Rechnung, die nun in der Krise „dankenswerterweise“ nach vier Wochen und nicht wie üblich nach 12 Wochen bezahlt wird, nach wie vor ein Schlag in das Gesicht eines mittelständischen Handwerkers ist.
Rechnungen gehören sofort bezahlt, mit und ohne Krise. Was macht ihr Versicherer bitte mit unserem Geld in diesen drei Monaten, wenn ihr Millionen an Überschuss am Jahresende erzielt? Jetzt muss ein Umdenken stattfinden. Wir sind Partner und wir können verlangen, dass es auch partnerschaftlich weitergeht. Was erforderlich war, kann ein Sachverständiger oder die Werkstatt auf Wunsch des Versicherers feststellen, was erforderlich ist wird die Werkstatt erledigen und was erforderlich war und gemacht wurde muss bezahlt werden! Ohne Diskussion. Das ist keine Gehirnchirurgie, das ist ganz einfach das, was auf der Rechnung steht. Besonders dreist – und dagegen werden wir nachhaltig vorgehen – ist die Behauptung, dies und das gehöre in die Gemeinkosten und nicht auf die Rechnung. Das ist totaler Unfug! Zur Klarstellung: Was in die Gemeinkosten gehört und was nicht, entscheidet allein die Werkstatt und sonst Niemand. ___Gerade die Versicherungswirtschaft hat von dem deutlichen Rückgang der Unfallschäden während der Corona-Krise profitiert, da zwar Prämien eingenommen aber deutlich weniger Schadenkosten gezahlt werden mussten. Was erwarten Sie nun von Kfz-Versicherern angesichts der ohnehin immer schmaler werdenden Rendite in den Werkstätten?___ __Peter Börner: __Einen entsprechenden Ausgleich am Jahresende, wenn Umsatzvolumen zugesagt und durch ausgebliebene Aufträge nicht eingehalten wurde. ___Vielen Dank für unser Interview!___
Lesens Wert

Mehr zum Thema