2022-07-06T10:34:36+0000

Wie sich die Inflation auf K&L-Betriebe konkret auswirkt

___Die Teuerungsrate beeinflusst auch das Geschäft in K&L-Betrieben massiv. Welche Auswirkungen der Wertverfall des Geldes konkret hat und warum Betriebe trotz allem auch von der Inflation profitieren können, wenn sie jetzt strategisch handeln, erläutert Unternehmensberater und Branchenkenner Stefan Höslinger im exklusiven Gastbeitrag für schaden.news.___ „Zur Einschätzung zukünftigen Inflationsgeschehens sind immer die ursächlichen Faktoren, ihre mittelfristige Entwicklung und ihre Auswirkungen auf Preissteigerungen innerhalb einer Preisgruppe zu berücksichtigen. Momentan betreffen die Unfallreparaturbranche mehr oder weniger unmittelbar Ressourcenknappheiten, Engpässe in den Lieferketten und Ereignisse an den Energiemärkten. ## Inflation hat auch positive Auswirkungen auf Branche Dabei wirkt sich eine Inflation nicht immer und nicht unbedingt nur negativ auf eine Branche aus. Zur Verdeutlichung: Viele Automobilhersteller erwirtschaften aktuell Rekordergebnisse, weil sie aufgrund der Knappheit des Gutes Auto auf Rabatte verzichten und weil sie bei den Zulieferern ihre Einkaufskosten nicht oder kaum erhöhen. Genau dies (eine geringe Verfügbarkeit teurer werdender Fahrzeuge) führt aber dazu, dass Fahrzeuge nach einem Schadenereignis häufiger repariert werden, schon weil ihr Wiederbeschaffungswert höher oder ein Ersatz schlicht nicht greifbar ist. Unfallreparaturbetriebe können somit mit einer höheren Nachfrage rechnen und mit diesem Effekt von der Inflation profitieren. Um bei den positiven Auswirkungen zu bleiben: Wer in der Niedrigzinsphase Investitionen mit anhaltenden Zinsbindungsfristen finanziert hat, profitiert jetzt vom sinkenden Geldwert. Umgekehrt müssen nach der doch recht deutlichen Anhebung des Leitzinses die ebenfalls teurer werdenden Investitionsgüter auch noch zu einem höheren Preis finanziert werden. Das kann in einer investitionsintensiven Branche dem ein oder anderen Verdruss bereiten. Als Beispiel: Ein Gut, das vorher 50 TEU gekostet hat und über zehn Jahre finanziert wurde mit einem Zinssatz von 1,5%, kostete 53.781,25 €. Kostet es nun 54 TEU und wird mit derselben Laufzeit zu 4,5% finanziert, kostet es jetzt 66.251,25 €. ## Vor allem Betriebe mit Liquiditätsengpässen sind stark belastet Unkomfortabel sind die Zeiten steigender Inflation und Zinsen für Betriebe mit Liquiditätsengpässen. Die Kontokorrentzinsen werden dem Leitzins folgen und steigen. Gleichzeitig können wegen fehlender Teile Reparaturaufträge nicht fertiggestellt und fakturiert werden, während die für den Auftrag bereits gelieferten Teile schon bezahlt sind und die Liquidität belasten. Diese kostspielige Situation wird bei manchem Betrieb die Liquiditätssituation und auch die Ergebnisse stark belasten. In aller Munde, aber noch nicht hinreichend geklärt sind die rasant steigenden Energiekosten. Beziehen sich die Steigerungen, die aus den Betrieben gemeldet werden, auf Nachzahlungen aus dem Vorjahr, in dem die Preise ebenfalls stark gestiegen sind? Beziehen sie sich auf Vorauszahlungen, die aber Preissteigerungen des laufenden Jahres nicht decken? Experten gehen 2022 von einem Erdgaspreis aus, der um knapp 140% gegenüber dem Vorjahr steigt. Nebenbei steigen ebenfalls die Stromkosten und die Kraftstoffkosten für die Betriebsfahrzeuge. ## Gleitklausel für Energiekosten in Schadenmanagement-Verträgen vorstellbar Hier hat der Markt mit Augenmaß reagiert: Schadensteuerer und FLI’s haben mit befristeten Aufschlägen zumindest einen Teil der höheren Energiekosten abgefangen. Und sie sind im Übrigen auch mehr als aus der Vergangenheit gewohnt in jüngster Zeit auf die begründeten Kostenargumentationen der Betriebe eingegangen. Allerdings werden die Energiekosten die Branche noch länger und intensiver beschäftigen als viele vermuten, auch weil dies ordnungspolitisch zur Erreichung der Klimaziele nicht gerade unerwünscht ist. Vorstellbar ist hier für den Bereich Energiekosten im Betrieb auch eine Gleitklausel in den Schadenmanagement-Verträgen mit einem Erdgaspreisindex, die Stundenverrechnungssätze automatisch anpasst. Steigende Energiekosten haben immer auch Erhöhungen der Lackmaterialkosten zur Folge. In der jüngeren Vergangenheit hat das AZT seine Hausaufgaben sehr pünktlich und regelmäßig gemacht, weshalb sich Betriebe bei dieser Abrechnungsmethode nicht sorgen müssen, wenn das AZT weiter so agiert. Rechnen müssen jedoch die Betriebe, die bei einzelnen Kunden nach den Aufschlagverfahren oder mit Stundenverrechnungssätzen inklusive Lackmaterial abrechnen. ## Personalkosten werden schleichend wachsen Durch die aktuelle, für unsere Verhältnisse Super-Inflation werden jedoch fast alle betrieblichen Kostenpositionen schleichend wachsen. Besonders deutlich werden die Betriebe dies bei den Personalkosten spüren, teilweise ist dies bereits jetzt der Fall, weil Mitarbeiter paradoxerweise den Weg mit dem Auto zur Arbeit nicht mehr stemmen können, beispielsweise weil sie sich die teure Wohnung in der Großstadt nicht leisten können und deshalb weitere Wege vom Umland in Kauf nehmen. Heizen, Nahrungsmittel, Autofahren, Urlaub – das spüren die Mitarbeiter mit den schmaleren Lohntüten besonders deutlich und fordern früher oder später Lohnerhöhungen. Verdient ein Mitarbeiter 18 € pro Stunde und erhält eine Lohnerhöhung von 8%, kostet das den Betrieb fast 4.000 € im Jahr und der Stundenverrechnungssatz müsste in einem Betrieb mit einer guten Produktivität um 2,66 € steigen. Hinzu kommen jedoch die Gehalts- und Lohnsteigerungen für die nicht produktiven Mitarbeiter, weshalb zur Kompensation steigender Personalkosten die Stundenverrechnungssätze in diesem Szenario um vier bis fünf Euro erhöht werden müssten, um die Kostensteigerungen zu kompensieren. ## Andere Wege der Mitarbeiterbindung finden Um qualifizierte Mitarbeiter zu rekrutieren und zu binden, darf das Realeinkommen nicht ins Uferlose sinken. Allerdings ist aktuell nicht ein günstiger Zeitpunkt, um nur mit Lohnerhöhungen zu winken, die das Unternehmen irreversibel belasten. Sinnvollerweise sollten, zumindest teilweise auch temporäre Zuschläge helfen, wie sie auch die Bundesregierung lohnsteuerfrei ins Spiel gebracht hat, oder Tankgutscheine etc. Gerade der Personalbereich zeigt, was jetzt im gesamten Betrieb erforderlich ist: strategisch, strukturiertes, systematisches Vorgehen. Beim Personal mit Performance-Zuschlägen, Prämien, basierend auf Kennzahlen und Beurteilungen aus Mitarbeitergesprächen. Mehr denn je ist bei allen unternehmerischen Fragen jetzt strategisches Geschick gefragt, das auf substantiellen Marktinformationen und Informationen aus betrieblichen Kennzahlen besteht. Wer jetzt aus der Hüfte schießt, kann in Zeiten knapper Munition viel falsch machen, wer gezielt agiert, trifft auch ins Schwarze.
Gastbeitrag